Kann ich trotzdem in den Urlaub? – Apotheken stellen keine Impfnachweise mehr aus: Was Sie jetzt wissen müssen

Der digitale Impfnachweis über die Covid-19-Impfung gilt als Eintrittskarte in den Urlaub im Ausland. Der QR-Code auf dem Smartphone macht es in den EU-Ländern möglich, ohne Test oder Quarantäne einzureisen. Diesen Nachweis stellten bislang unter anderem Apotheken aus. Seit Mittwoch ist dieser Service allerdings eingestellt. FOCUS Online klärt die wichtigsten Fragen.

Warum stellen die Apotheken jetzt keine Nachweise mehr aus?

Hinter dem Stopp der Zertifikatausstellung steckt nach Angaben des Deutschen Apothekerverbands (DAV) eine Sicherheitslücke der technischen Infrastruktur. Apotheken hätten digitale Impfzertifikate bisher über ein Online-Portal ausgestellt. „Die Portallösung war zunächst für Apotheken vorgesehen, deren Inhaber Mitglieder in den Landesapothekerverbänden sind. Da deren aktuelle Daten im Mitgliederverzeichnis gelistet sind, war und ist eine zweifelsfreie und sichere Authentifizierung dieser Apotheken auf dem Portal jederzeit gewährleistet“, erläuterte der DAV. Aufgrund wettbewerbsrechtlicher Anforderungen sei allerdings auch für Apotheken, die keine Mitglieder in einem Landesapothekerverband sind, ein Gastzugang geschaffen worden.

Und genau hier gibt es offenbar eine Sicherheitslücke: Wie zunächst das „Handelsblatt“ berichtet hatte, haben unabhängige IT-Spezialisten einen Gastzugang für das Portal erzeugen konnten – mithilfe von professionell gefälschten Dokumenten für einen nicht existierenden Apothekeninhaber.

Dazu legten sie laut DAV eine gefälschte Betriebserlaubnis und einen gefälschten Bescheid des Nacht- und Notdienstfonds vor. „Unter der gefälschten Apotheken-Identität wurden insgesamt zwei Impfzertifikate ausgestellt“, erklärte der Verband. Daraufhin habe man sich in Absprache mit dem Bundesgesundheitsministerium (BMG) dazu entschlossen, die Ausstellung von Zertifikaten zu stoppen.

Die wichtigsten Antworten auf Impf-Fragen

Sie sind die wirksamste Waffe im Kampf gegen die Pandemie: Impfstoffe. Sie schützen Geimpften vor schweren bis tödlichen Covid-19-Verläufen und dämmen die Ausbreitung des Virus ein. Aber immer noch gibt es viele Fragen. Wir geben Antworten.

Wann kann ich mir in der Apotheke wieder einen digitalen Impfnachweis ausstellen lassen?

Bislang ist es nicht klar, ab wann die Apotheken wieder digitale Impfnachweise ausstellen können. „Wir arbeiten mit Hochdruck an einer Lösung, damit die Apotheken wieder Impfzertifikate ausstellen können. Derzeit können wir aber noch kein konkretes Datum nennen“, sagte Ursula Sellerberg vom Deutschen Apothekerverband am Freitagvormittag gegenüber FOCUS Online.

Eine Apothekerin aus der Münchner Innenstadt erklärte zudem auf FOCUS-Online-Nachfrage, die Filialen wären informiert worden, dass zumindest in dieser Woche wohl keine Zertifikate mehr ausgestellt werden könnten – weder digital noch in Papierform. Ihre Apotheke empfehle Kunden demnach, in der nächsten Woche noch einmal nachzufragen, ob und wann dies wieder möglich sei.

Wie komme ich nun stattdessen an ein Impfzertifikat?

Generell können sich Geimpfte nach Angaben des Bundesgesundheitsministeriums, abgesehen von den Apotheken, auch in Arztpraxen und Impfzentren einen digitalen Nachweis ausstellen lassen. Je nachdem, wo die Person geimpft wurde, sollte sie auch dort ein Impfzertifikat erhalten. Das erklärte auch der DAV. Auf diesem Zertifikat befindet sich ein QR-Code, den Sie etwa über die CovPass-App oder die Corona-Warn-App einscannen können. 14 Tage nach ihrer zweiten Impfung erscheint dort dann der vollständige Impfstatus.

Dabei handelt es sich allerdings um die allgemeine Angabe des Bundesgesundheitsministeriums. Ob es aufgrund des Ausstellungsstopps der Apotheken noch eine Sonderregelung geben wird, um an ein Zertifikat zu gelangen, ist bislang unklar. Eine Antwort auf die Redaktionsanfrage beim Ministerium steht bislang aus.

Was ist, wenn ich in den Urlaub fahren will, aber noch kein EU-Zertifikat habe?

Es gibt kein Reiseverbot in EU-Länder, auch wenn Betroffene nicht geimpft sind. Allerdings schützt eine vollständige Impfung in vielen Ländern vor der Quarantäne- und Testpflicht bei der Einreise. Zwingend notwendig ist der digitale Nachweis dafür aber nicht. Betroffene können anstatt des EU-Zertifikats für den anstehenden Urlaub genauso ihr gelbes Impfbuch mitnehmen.

„Der digitale Impfnachweis ist lediglich ein freiwilliges und ergänzendes Angebot“, erklärt das Bundesgesundheitsministerium. „Wenn Geimpfte keinen digitalen Impfnachweis besitzen oder diesen verloren haben, ist der Impfnachweis über das bekannte ‚gelbe Heft‘ weiterhin möglich und gültig.“

Dieses bei der Einreise bei sich zu tragen, empfiehlt das BMG trotz digitalem Nachweis – für den Fall, dass es vor Ort zu Problemen mit dem Zertifikat kommen könnte. Wer außerhalb der EU verreisen möchte, benötigt für die Einreise ohnehin den gelben Impfpass von der Weltgesundheitsorganisation.

Ist mein Impfnachweis dann überhaupt gültig, wenn er über die Apotheke ausgestellt wurde?

Laut der DAV wurden bislang insgesamt mehr als 25 Millionen Impfzertifikate über Apotheken ausgestellt. Diese stammten alle von rechtmäßig registrierten Apotheken, erklärte der Verband. Demnach würde im Augenblick keine Gefahr bestehen, dass Impfnachweise ungültig seien oder erneuert werden müssen. Auswirkungen auf bereits bestehende digitale Impfpässe hat die Sicherheitslücke also nicht.

Allerdings kursieren nach einem Bericht des Nachrichtenportals „Watson“ bereits gefälschte Impfnachweise, für die über die deutschen Apotheken ein Zertifikat erstellt wurde. Es scheint also wahrscheinlich, dass sich vor den IT-Experten bereits Betrüger die Sicherheitslücke zunutze gemacht hatten.

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