+++ Flut-Folgen im News-Ticker +++ – Untersuchungsausschuss will Ahr-Katastrophe "zügig und fokussiert aufklären"

Samstag, 02.10.2021, 12:31

Im Ahrtal in Rheinland-Pfalz kämpfen die Menschen gegen die verheerenden Folgen der Flutkatastrophe an. Seit Mitte Juli hat sich das Leben hier komplett verändert, viele bangen um ihre Existenz. Die FOCUS-Online-Flutreporter dokumentieren neben aktuellen News auch den Wiederaufbau und den Weg der Menschen zurück ins Leben.

News-Ticker aus der Flutregion

  • News und Geschichten aus den von der Flut betroffenen Gebieten
  • Fünf FOCUS-Online-Reporter berichten aus Bad Neuenahr-Ahrweiler

Flut-Untersuchungsausschuss will Ahr-Katastrophe „zügig und fokussiert aufklären“

17.32 Uhr: Im rheinland-pfälzischen Landtag hat sich am Freitag der Untersuchungsausschuss zur Flutkatastrophe im Ahrtal konstituiert. Die erste Sitzung war nicht öffentlich. Das Gremium beschloss zunächst, „welche Akten von welcher staatlichen Ebene zur Untersuchung herangezogen werden sollen“, wie es in einer Mitteilung des Landtags hieß. „Wir sind uns im Ausschuss einig, dass wir zügig und fokussiert aufklären wollen“, erklärte der Vorsitzende des Gremiums, Martin Haller (SPD).

Dem Ausschuss gehören insgesamt elf Abgeordnete aller Fraktionen an. Seine Einsetzung beschloss der Landtag in der vergangenen Woche auf Antrag der CDU-Fraktion. Auch die AfD und die Freien Wähler stimmten dem Antrag zu. Für die Einsetzung hätten die 31 Stimmen der CDU-Fraktion bereits ausgereicht. Die Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP enthielt sich.

Die Staatsanwaltschaft Koblenz leitete Anfang August Ermittlungen gegen den Landrat des Landkreises Ahrweiler ein. Gegen Jürgen Pföhler (CDU) bestehe der Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung durch Unterlassen. Pföhler beantragte inzwischen seine dauerhafte Dienstunfähigkeit.

Straßenbau im Flutgebiet wird noch Jahre dauern – neues Projektbüro eröffnet

12.50 Uhr: Zweieinhalb Monate nach der tödlichen Sturzflut im Ahrtal hat am Freitag ein neues Projektbüro in Sinzig mit der Steuerung des langfristigen Wiederaufbaus der zerstörten Straßen begonnen. Nach Freiräumen, Schadensbegutachtung, Brückenprüfungen und provisorischer Wiederherstellung gehe es nun um die dauerhafte Wiedererrichtung des Straßennetzes mit aktuellen technischen Standards, sagte die rheinland-pfälzische Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) bei der Straßenmeisterei Sinzig.

Hier ist das neue Projektbüro „Wiederaufbau Ahrtal“ des Landesbetriebs Mobilität (LBM) in bislang drei Containern untergebracht. Bis Jahresende sollen laut Verkehrsministerium etwa 33 Container aufgestellt sein, um ein 35-köpfiges Team zu beherbergen. Dafür würden noch weitere Mitarbeiter eingestellt. Der Fachkräftemangel sei dabei eine Herausforderung. 

Den Gesamtschaden beim sogenannten klassifizierten Straßennetz im Ahrtal bezifferte das Ministerium mit rund 250 Millionen Euro. Der Leiter des neuen Projektbüros in Sinzig, Stefan Schmitt, sagte, beim dauerhaften Wiederaufbau müsse nicht in Wochen und Monaten, sondern wohl in Jahren gerechnet werden.

Untersuchungsausschuss in Mainzer Landtag zu Ahr-Flut trifft sich zum ersten Mal

Freitag, 01. Oktober, 09.40 Uhr:  Der Untersuchungsausschuss im rheinland-pfälzischen Landtag zur Flutkatastrophe im Ahrtal kommt am Freitag 16.00 Uhr zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. Die erste Sitzung wird nicht öffentlich sein. Im Anschluss will der Ausschussvorsitzende Martin Haller (SPD) über die Inhalte berichten. Der Landtag hatte in der vergangenen Woche die Einsetzung des Untersuchungsausschusses zur Katastrophe beschlossen.

Nach Angaben des Landtags ist es der erste Untersuchungsausschuss seit elf Jahren. Der letzte beschäftigte sich demnach 2010 mit den Finanzen der CDU-Fraktion. Starkregenfälle hatten Mitte Juli verheerende Überschwemmungen an Flüssen in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz ausgelöst.

Ahr-Risikokarte: Nur 34 Flutopfer dürfen ihre Häuser nicht wieder aufbauen

20.14 Uhr: Nach der tödlichen Flut im Ahrtal dürfen laut der rheinland-pfälzischen Landesregierung nur relativ wenige zerstörte Häuser wegen Hochwassergefahr nicht mehr aufgebaut werden. Mit Blick auf eine neue Risikokarte sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) bei einer sogenannten Zukunftskonferenz am Donnerstagabend in Grafschaft hoch über der Ahr, die „allermeisten Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen“ könnten an Ort und Stelle sanieren.

„Es gibt nur verhältnismäßig wenige zerstörte Häuser, die im besonderen Gefahrenbereich des Überschwemmungsgebietes liegen und an altem Ort nicht wiederaufgebaut werden können“, ergänzte Dreyer. Der Vor-Ort-Beauftragte der Landesregierung, Günter Kern, erklärte: „Wir haben mit 34 Betroffenen gesprochen, die nicht mehr aufbauen dürfen, weil sie im besonders gefährdeten Gebiet sind.“

Nach Worten von Dreyer ging es bei diesen Gesprächen vor Veröffentlichung der Risikokarte darum, einen neuen Bauplatz oder andere individuelle Lösungen zu finden. Von diesem Montag an gebe es in den Orten Einwohnerversammlungen zum Wiederaufbau von beschädigten oder zerstörten Gebäuden. Bürger könnten sich zusätzlich bei 16 sogenannten Infopoints im Ahrtal etwa von Architekten zur Trocknung von flutgeschädigten Häusern oder zum hochwasserangepassten Bauen individuell beraten lassen.

Mit Blick auf den Wiederaufbaufonds von Bund und Ländern mit 30 Milliarden Euro, wovon gut die Hälfte nach Rheinland-Pfalz fließen soll, erklärte Dreyer, seit vergangenem Montag seien für ihr Bundesland bereits 5032 Anträge auf Förderungen eingegangen. Die meisten bezögen sich auf Schadenersatz für verlorenen Hausrat. Der Wiederaufbau von Privathäusern kann mit bis zu 80 Prozent der Kosten gefördert werden, in Härtefällen mit bis zu 100 Prozent.

Wichtig ist laut der Ministerpräsidentin überdies die Entwicklung eines Hochwasservorsorgekonzeptes für das gesamte Ahrtal, das auch den nordrhein-westfälischen Teil des Flusses einbeziehe: „Denn das Hochwasser hält sich nicht an Landesgrenzen.“

Dreyer betonte zudem, sie vergesse nicht, „dass Trauer und Leid noch ganz gegenwärtig sind“. Noch in diesem Jahr solle daher in Bad Neuenahr-Ahrweiler ein Traumatherapiezentrum seine Arbeit aufnehmen „und als geschützter Ort der Begegnung und Heilung niederschwellig innerhalb kurzer Zeit psychotherapeutische Hilfe vermitteln“.

Der Koblenzer Professor Lothar Kirschbauer, Experte für Siedlungswasserwirtschaft, betonte, wegen der Klimaveränderung sei mit mehr Extremwetter zu rechnen. In den Mittelgebirgen könne es daher häufiger zu Hochwasser und Sturzfluten, aber auch zu Niedrigwasser und Dürren kommen.

Bei der Flutkatastrophe nach extremem Starkregen waren am 14. und 15. Juli in dem touristisch geprägten Flusstal 133 Menschen getötet, Hunderte Anwohner verletzt und Tausende Häuser beschädigt oder zerstört worden.

Greenpeace warnt vor Kahlschlägen in Wäldern nach Ahrtal-Flut

Donnerstag, 30. September, 10.00 Uhr: Zweieinhalb Monate nach der tödlichen Flut im Ahrtal hat Greenpeace vor Kahlschlägen und Monokulturen in den Wäldern von Mittelgebirgen gewarnt. Kahlflächen könnten „langfristig fatale Folgen bei Starkregen haben und müssen vermieden werden, da bewaldete Hänge eine deutlich höhere Stabilität aufweisen“, teilte die Umweltorganisation mit.

Ihr Waldexperte Christoph Thies erklärte: „Die Wälder in den deutschen Mittelgebirgen können eine wichtige Schutzfunktion einnehmen, um die Auswirkungen der Extremwetter abzuschwächen. Die Flutkatastrophe vom Ahrtal ist auch eine Mahnung, wie wichtig Waldschutz ist.“ Die Landesregierungen sollten daher „Wälder in steilen Hanglagen größtenteils unter Schutz stellen“.

Anders als in den Mittelgebirgen ist laut Greenpeace in den Alpen das Konzept des Schutzwaldes weit verbreitet. Er schütze Dörfer im Tal vor Lawinen und Steinschlag, aber auch vor Hochwasser und Überschwemmungen. Gesunde Wälder ermöglichten hier, „dass Wasser auch nach starken Regenfällen versickert und abfließt, ohne den Hang mit sich zu reißen. Das verzweigte Wurzelwerk nimmt viel Wasser durch den Boden auf.“

 Bei Monokulturen und stark bewirtschafteten Wäldern sei der Boden dagegen sehr verdichtet und könne weniger Wasser speichern. Monokulturen im Wald bestehen zum Beispiel nur aus Fichten, die relativ rasch wachsen und oft gut verkauft werden können. Mittlerweile setzen Forstbehörden allerdings verstärkt auf Mischwald.

Zweite Zukunftskonferenz will konkrete Wiederaufbaupläne für Ahrtal vorstellen

18.05 Uhr: Zweieinhalb Monate nach der tödlichen Flutkatastrophe im Ahrtal geht es in einer zweiten sogenannten Zukunftskonferenz um die nächsten Schritte beim Wiederaufbau. Vertreter von rheinland-pfälzischer Landesregierung und Landesbehörden kommen an diesem Donnerstag um 18.00 Uhr in Grafschaft hoch über der Ahr zusammen, um Anwohner über Förderungen und Rahmenbedingungen zu informieren. Auch Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) wird erwartet. Im Internet wird das Treffen live übertragen.

Der stellvertretende Landrat des Kreises Ahrweiler, Horst Gies (CDU), sprach bei der ersten „Zukunftskonferenz“ von einer „Jahrhundertaufgabe“. Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner (CDU) sagte, es dürfe beim Wiederaufbau keine Förderlücke geben.

Bund und Länder haben einen Hilfsfonds mit insgesamt 30 Milliarden Euro für Flutopfer in Deutschland vereinbart. Gut die Hälfte davon ist für Rheinland-Pfalz gedacht. Dreyer zufolge sind in dem Bundesland 65 000 Bürger betroffen, darunter mehr als 40 000 im Ahrtal. Seit Montag können geschädigte Anwohner, Firmen, Gemeinden und Vereine Geld beantragen.

Nach Flut ohne Obdach: 170 Mobilheime sollen Familien Schutz bieten

17.25 Uhr: Der Winter kommt, doch der Aufbau in der Flutregion ist noch in vollem Gange. Die „Aktion Deutschland Hilft“ finanziert nun 170 Mobilhäuser in Bad Neuenahr und Sinzig. Vor allem Familien, deren Häuser noch nicht winterfest sind, sollen dort vorübergehend unterkommen. Voraussetzung sei eine Bedürftigkeitsprüfung durch die Kommunen, teilte das Bündnis am Mittwoch mit.

Für die Bürgermeisterin der stark betroffenen Verbandsgemeinde Altenahr, Cornelia Weigand, ein wichtiger Schritt: „Diese Mobilhäuser ermöglichen einem Teil der Betroffenen, über den Winter zu kommen und dabei ihre sozialen Kontakte und Bindungen behalten zu können“, so die Politikerin. „Damit werden gleichzeitig unsere Bemühungen unterstützt, dass die Menschen in der Region bleiben und nicht in andere Regionen abwandern.“

„Erwarten zügige Antworten“: Flut-U-Ausschuss in Rheinland-Pfalz nimmt Arbeit auf

15.10 Uhr: Um die Flutkatastrophe aufzuarbeiten, kommt der Untersuchungsausschuss des Landtages Rheinland-Pfalz an diesem Freitag erstmals zusammen. Die konstituierende Sitzung ist nicht öffentlich. Er werde aber voraussichtlich im Anschluss darüber berichten, teilte der Vorsitzende Martin Haller (SPD) am Mittwoch in Mainz mit.

„Die Menschen vor Ort erwarten zügige Antworten“, sagte Haller. „Sie wachen morgens in der Katastrophe auf, leben in der Katastrophe und legen sich abends in der Katastrophe hin.“ Dennoch werde es bis zur ersten Zeugenaussage voraussichtlich einige Wochen dauern. Das Ende sei noch nicht absehbar, auch, weil ständig neue Akten entstünden.

Der Ausschuss geht auf einen Antrag der CDU-Opposition zurück. Er soll die Abläufe, vor, während und nach der Sturzflut klären – vor allem aber auch die politische Verantwortung. Das Gremium hat das Recht auf Vernehmung von Zeugen und Akteneinsicht und gilt als das schärfste Instrument des Parlaments.

Behörden und Politiker stehen wegen fehlender und verspäteter Warnungen der Bevölkerung in der Kritik. Die Staatsanwaltschaft Koblenz ermittelt gegen den Landrat des Kreises Ahrweiler, Jürgen Pföhler (CDU). Dabei geht es um den Anfangsverdacht der fahrlässigen Tötung und fahrlässigen Körperverletzung.

James Bond soll Flut-Kino in Euskirchen retten

13.10 Uhr: Nach der Hochwasserkatastrophe im Juli kann das Kinocenter in Euskirchen am Donnerstag wieder öffnen – passend zum Start des neuen James Bond. Durch die Flut war das Kino wochenlang ohne Strom und Internet – jetzt funktioniere alles weitgehend, sagte Cineplex-Betreiber Sebastian Arenz am Mittwoch. 

Bis zu den Filmsälen im Obergeschoss sei das Wasser zum Glück nicht gekommen, aber das ganze Erdgeschoss habe gereinigt und die Technik wieder instandgesetzt werden müssen. Das kleinere Arthouse-Kino dagegen werde noch bis ins nächste Jahr hinein geschlossen bleiben, so Arenz. Hier müssten die Säle komplett entkernt werden.

Zwei neue Brücken in Bad Neuenahr fertiggestellt

Mittwoch, 29. September 2021, 9.15 Uhr: Die beiden Behelfsbrücken für Fahrzeuge und Fußgänger im Flutkatstrophengebiet an der Ahr bei Bad-Neuenahr sind fertig. Sie ersetzen von Mittwochnachmittag an die bei der Sturzflut Mitte Juli völlig zerstörte Ahrtorbrücke (Landstraße 84), wie Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) am Mittwoch mitteilte. „Die Freigabe der Brücken über die Ahr zeigt, wir kommen gut voran. Die Erreichbarkeit innerhalb der stark betroffenen Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler wird durch die neuen Verkehrsverbindungen deutlich verbessert.“ Damit würden auch die Aufbauarbeiten leichter.

1900 Anträge am ersten Tag für Wiederaufbauhilfe nach Flut

18.05 Uhr: Nach der Flutkatastrophe im Norden von Rheinland-Pfalz sind am ersten Tag des neuen Verfahrens rund 1900 Anträge auf Wiederaufbauhilfe eingegangen. „Der Start war reibungslos“, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) nach der Kabinettssitzung am Dienstag in Mainz.

Die von der Sturzflut Mitte Juli betroffenen Privatleute, Unternehmen, Landwirte, Winzer, Gemeinden und Vereine in Rheinland-Pfalz können seit Montag Geld für den Wiederaufbau beantragen. 65 000 Menschen sind von der Flut betroffen, mehr als 40 000 allein im Ahrtal.

Geltend gemacht werden können demnach beispielsweise zerstörte oder beschädigte Gebäude, Hausrat und Maschinen, aber auch Miet- und Einnahmeausfälle. Die Anträge werden bei der Investitions- und Strukturbank (ISB) gestellt.

Ahrweiler-Katastrophenschutz arbeitet aus dem Keller: „Alles andere als angemessen“

17.38 Uhr: Wenn es ernst wird, soll der Katastrophenschutz handeln. Doch im Kreis Ahrweiler hockt die Einsatzzentrale im Keller der Kreisverwaltung. Gerade so sei bei der Flutkatastrophe kein Wasser in die Zentrale gelaufen, berichtet Lokalpolitiker Christoph Schmitt (SPD). Niedrige Decken und schlechtes Licht tun ihr übriges. Zum Telefonieren muss die Technische Einsatzleitung regelmäßig die Räumlichkeiten verlassen – Empfang gibt es hinter den dicken Kellerwänden wohl eher nicht.

„Mir war das gar nicht bewusst, das dort die Einsatzzentrale untergebracht ist“, zeigt sich Schmitt im Telefonat mit FOCUS Online überrascht. „Die Unterbringung ist alles andere als angemessen.“ Die SPD-Fraktion Ahrweiler will deshalb im Kreistag einen Umzug der Zentrale in den Neubau nebenan erreichen. Für die Sozialdemokraten essenziell, können sich die Mitglieder der Einsatzleitung doch aus dem Keller keinen Überblick über Wetter-, Licht- oder Umweltverhältnisse verschaffen.

Der Katastrophenfall Mitte Juli machte erst auf den Missstand aufmerksam. Der Stromausfall durch die Flut traf auch die Einsatzzentrale. Nach Einsetzen der Notstromversorgung müssten bislang alle Systeme neu gestartet werden. Laut SPD-Fraktion stehen Finanzmittel dafür im Kreishaushalt bereit. Für Schmitt ist dies „eine einfache organisatorische Entscheidung der Kreisverwaltung“. Eine Unterbringung oberhalb des Erdgeschosses könnte dann für mehr Durchblick sorgen.

„Hier wurde mehr zerstört als Ihr Urlaub – es geht um Existenzen“

Dienstag, 28. September, 13.30 Uhr: Als ich in der verwüsteten Altstadt von Ahrweiler sitze und mich im Gespräch mit einem Wirt umschaue, kann ich mir ansatzweise vorstellen, wie schön und idyllisch es hier einmal war. Bunte Fachwerkhäuser reihen sich neben kleine Cafés. Alles um mich herum versetzt mich in eine andere Zeit. Die alte Stadtmauer und das Ahrtor vollenden den Charme. Mitsamt den Weinbergen in der Umgebung kann ich verstehen, warum dieses Gebiet so ein attraktiver Urlaubsort ist. Oder besser gesagt: war. Es ist, als ob die Flutwelle auch den Urlaubsflair weggespült hat. Alle ringsherum arbeiten unermüdlich daran, ihre Heimat wieder Stück für Stück aufzubauen. Es kann aber noch Jahre dauern, bis es soweit ist.

Als der Wirt mir gegenüber einen Anruf bekommt, werde ich aus meinen Gedanken gerissen. „Nein, das Hotel nebenan, kann ihre Anrufe nicht entgegen nehmen, da ist momentan niemand“, höre ich ihn sagen. Erst schaut er verdutzt, als er dem Mann an der anderen Leitung zuhört, dann verzieht er sein Gesicht. Eine Mischung aus Verärgerung und purer Fassungslosigkeit.

„Guter Mann, der Hotelier kann ihre Reservierungsanfrage für nächste Woche nicht bestätigen, da sein Hotel komplett zerstört wurde. Aus ihrem Urlaub nächste Woche wird hier nichts“ erwidert er klipp und klar. Am Telefon höre ich die wütende Stimme fragen, warum es denn nicht ginge. Die Flut sei ja schon rund zwei Monate her. Noch wütender antwortet der Wirt: „Mag ja sein, dass ihr Urlaub jetzt zerstört ist. Aber die Flutwelle hat hier Existenzen zerstört, die sind auch nach acht Wochen nicht wiederhergestellt.“ Danach legt er auf. Dem verärgertem Mann ist nicht klar, wie zerstörerisch die Flutkatastrophe war und dass es hier um mehr geht, als nur eine Tourismus-Hochburg.

So immens ist die Zerstörung, so unendlich die Baustellen. Das gerät in Vergessenheit. Ganz Deutschland hing Mitte Juli gebannt an den Bildschirmen und verfolgte die Katastrophe. Wie hoch ist das Wasser? Wie viele Menschen sind gestorben? Wie groß ist das Ausmaß der Zerstörung? Wie viele Menschen werden vermisst?

Doch die Zeit danach ist viel zäher. Nach einer Katastrophe wieder die Kraft zu finden, um wiederaufzubauen, während man noch mit halbem Herz die Trauer um verlorene Menschen verarbeitet. Davor habe ich größten Respekt. Das harte Arbeiten lenkt hier ab, die Solidarität zwischen den Menschen schenkt vor Ort Hoffnung. Ein Spagat zwischen striktem Funktionieren und dem Versuch, wieder Luft zu schnappen. Das Danach sollte nicht vergessen werden.

Von FOCUS-Online-Reporterin Jacqueline Arend

Amira Pocher spricht offen über Flutschäden: „Absolute Katastrophe“

22.22 Uhr: TV-Comedian Oliver Pocher und seine Frau Amira haben erstmals offen darüber gesprochen, wie ihr Haus bei der Hochwasserkatastrophe in Westdeutschland im Juli überflutet wurde.

„Um ehrlich zu sein, wollten wir das nicht an die große Glocke hängen, denn wir sind gut versichert und niemand wurde verletzt. Aber wenn wir schon mal offen sprechen: Es war eine absolute Katastrophe“, schrieb Amira Pocher bei einer Fragerunde auf Instagram.

„Ab einem gewissen Zeitpunkt war es nicht mehr möglich, gegen das Wasser anzukämpfen und es strömte bis ins Erdgeschoss. Ich habe dann nur noch meine Kinder und ein paar Klamotten gepackt und lief barfuß die Straße lang, um uns ins Hotel zu retten.“ Neben den Worten postete die Podcasterin Bilder, auf denen zerstörte Möbel, nasse Wände und Schlamm zu sehen sind.

Wahlkrimi im Flutgebiet: SPD erobert CDU-Hochburg Ahrweiler

16.15 Uhr:Alle Zeichen standen für die CDU auf Sieg, doch die Flutkatastrophe drehte auch die politische Stimmung. Im Wahlkreis 198 Ahrweiler, mitten im Katastrophengebiet, kam es bei der Bundestagswahl am Sonntag zu einem regelrechten Stimmen-Krimi. Laut vorläufigem Endergebnis liegt die SPD in der Kanzlerfrage mit 28,8 Prozent (+ 6,0 zu 2017) der Zweitstimmen hauchdünn vor der CDU. Die Schwarzen kommen gerade mal auf 28,5 Prozent der Stimmen und stürzen gegenüber der letzten Wahl um 12,1 Punkte ab.

Als Gewinner können sich auch die Grünen fühlen. Sie sind mit 12,0 Prozent (+5,3) stärkste Kraft. Knapp vor der FDP mit 11,9 (+0,3) und der AfD mit 7,7 (-1,9). Trotz der hohen Stimmverluste konnte sich CDU-Politikern Mechthild Heil mit 34,4 (-8,5) Prozent ihr Direktmandat sichern. Die Andernacherin zieht bereits zum vierten Mal in Folge in den Bundestag ein. Dort leitet sie seit 2018 den Ausschuss für Bau, Wohnen, Stadtentwicklung und Kommunen – und könnte damit steht damit in bundespolitischer Verantwortung für den Wiederaufbau des Ahrtals.

SPD-Herausforderer Christoph Schmitt, welcher Andrea Nahles im Wahlkreis nachfolgt, kommt mit 30,2 (+2,9) Prozent immerhin in die Nähe der CDU-Frau. Die Wahlbeteiligung ist zwar leicht von 77,5 auf 76,1 Prozent gesunken. Trotzdem scheuten viele Wähler den beschwerlichen Gang zur Stimmabgabe nicht. Weil nach der Flut Mitte Juli viele Gebäude noch immer zerstört sind, fand die Stimmabgabe in mobilen Wahlbussen oder provisorischen Zelten statt. Ein Sinnbild dafür, dass in der Region auch weiterhin viel zu tun ist.

Schon im Vorfeld äußerten die Bürger im Ahrtal ihren Unmut über die Politik.

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Umtausch von Flutgeld – Weitere Millionen bei Bundesbank eingereicht

27. September, 11.30 Uhr: Spezialisten der Bundesbank haben weiter alle Hände voll zu tun, um beschädigtes Bargeld aus den Hochwassergebieten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz gegen neue Scheine auszutauschen. Bislang sind über 65 Millionen Euro an sogenanntem Flutgeld eingereicht worden, wie die Bundesbank der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. Das sind noch einmal rund 15 Millionen Euro mehr als zu Monatsbeginn. Die Scheine stammen von Banken und Sparkassen – etwa aus zerstörten Geldautomaten – oder von Privatleuten.

Die wegen des Hochwassers von Mitte Juli oft stark mit Schlamm, Abwässern und Heizöl verdreckten Geldscheine werden von Expertinnen und Experten im Analysezentrum für Falschgeld und beschädigtes Bargeld der Bundesbank in Mainz gewaschen, getrocknet und geprüft, damit die Einreichenden ihr Geld in frischen Noten zurückbekommen. Für die Bürgerinnen und Bürger ist der Service kostenlos.

CDU in mehreren Hochwasser-Gebieten stärkste Partei

23.00 Uhr:Die CDU ist bei der Bundestagswahl in mehreren vom Hochwasser stark betroffenen Kommunen in Nordrhein-Westfalen stärkste Partei geworden. Das ging am Sonntagabend aus kommunalen Daten zum vorläufigen Ergebnis oder nach weitgehender Auszählung in den Wahllokalen hervor.

In der Stadt Bad Münstereifel holte die CDU nach Auszählung aller Ergebnisse gut 33 Prozent der Zweitstimmen. Das ist Platz 1 deutlich vor der SPD, die auf gut 23 Prozent kam. Bei der Bundestagswahl 2017 hatte die CDU allerdings gut 39 Prozent geholt.

In der Stadt Euskirchen wurde die CDU am Sonntagabend nach Auszählung aller Ergebnisse mit gut 29 Prozent der Zweitstimmen ebenfalls stärkste Partei. Auch in der Gemeinde Swisttal stand die CDU laut einem Zwischenstand für 17 von 18 Ergebnissen mit gut 31 Prozent der Zweitstimmen auf Platz 1.

In der Kupferstadt Stolberg lag nach 39 von 40 Ergebnissen hingegen die SPD mit knapp 32 Prozent auf Platz 1 vor der CDU, die bis dahin auf gut 29 Prozent der Zweitstimmen kam.

Tourismus im Ahrtal mit „hohen Einbußen“: 20 Prozent weniger Gäste

Sonntag, 26. September, 8.26 Uhr: Nach dem coronabedingten Einbruch hat der Tourismus in Rheinland-Pfalz in einigen Regionen wegen der Flut mit einer wahren Stornierungswelle zu kämpfen gehabt. Im Juli dieses Jahres zählte das Statistische Landesamt in Bad Ems landesweit rund 705 000 Gäste, das waren 20 Prozent weniger als im Vorjahresmonat und sogar 28 Prozent weniger als im Juli 2019, wie die Behörde am Freitag in Bad Ems mitteilte. Ähnlich sah es bei den Übernachtungen aus: Sie beliefen sich im Juli 2021 auf zwei Millionen – 19 Prozent weniger als im Vorjahresmonat sowie 24 Prozent weniger als im Juli 2019.

Neben dem Ahrtal gab es auch in angrenzenden Regionen, die nicht direkt vom Hochwasser betroffen waren, Reisestornierungen, wie das Landesamt weiter mitteilte. Zusammen mit den noch nicht überwundenen Einschnitten durch Corona habe dies erneut „hohe Einbußen“ für rheinland-pfälzische Tourismusbetriebe bedeutet.

In der stark von der Flut betroffenen Ahr-Region brachen die Übernachtungen dem Amt zufolge um 63 Prozent ein, in der Eifel und der Region Mosel-Saar lag das Minus bei 31 beziehungsweise 29 Prozent, im Rheintal bei 17 Prozent. Gäste kamen in die Ahr-Region auf Jahressicht zwei Drittel weniger, in den Regionen Eifel und Mosel-Saar rund ein Drittel, ins Rheintal reiste ein Viertel weniger  Gäste. Von den landesweiten Rückgängen waren alle Betriebsarten betroffen mit Ausnahme der Erholungs-, Ferien- und Schulungsheime. Mit knapp 85 Prozent kamen die allermeisten Gäste im Juli 2021 aus dem Inland, die Zahl der Besucher aus dem Ausland ging um 41 Prozent zurück.

 

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