TechStage | YI Dome Camera 1080p Test: Babyphone statt Sicherheitskamera

Die Dome Camera 1080p von YI Technology erkennt und verfolgt dank Motor Bewegung automatisch. Leider verspricht der Hersteller mehr, als er hält.

Wenn eine einzelne, unbewegliche Überwachungskamera nicht reicht, können Nutzer entweder weitere Kameras hinzukaufen oder auf eine setzen, die sie aus der Entfernung motorisch drehen können. So eine Kamera ist die YI Dome Camera 1080p im Test, die bei erkannter Bewegung sogar automatisch mitdreht und Personen so im Blickfeld behält. Klingt gut, zumal die Kamera schon für unter 60 Euro zu haben ist – leider schränkt der Hersteller den echten Nutzen der Kamera stark ein.

Die YI Dome Camera besteht aus einem festen, runden Fuß, auf dem sich der obere Teil mit der kugelförmigen Kamera mittels des eingebauten und sehr leisen Motor drehen kann. Das Gehäuse besteht aus Kunststoff, der nicht übermäßig hochwertig, aber ausreichend haltbar erscheint. Der seitliche Drehwinkel beträgt 345 Grad, nach oben und unten sind es insgesamt 115 Grad. Effektiv ist der Großteil davon nach oben möglich, nach unten lässt sich die Kamera stehend kaum neigen. Eine Montage an Decke mit entsprechender Drehung des Bildes, damit es nicht auf dem Kopf stehend angezeigt wird, ist genauso möglich, wie eine Installation an der Wand. Der Bereich, den die Kamera ohne motorische Drehung einsehen kann, umfasst einen Blickwinkel von 112 Grad.

Schlichtes Design, ausreichende Verarbeitung.

Bei zu wenig Licht schaltet die YI Dome Camera 1080p in einen IR-Nachsicht-Modus, der für klare Bilder auf eine Distanz von bis zu 5 Meter sorgt. Dank Zwei-Wege-Kommunikation hört die Kamera vor Ort verursachte Geräusche und Nutzer können mit Personen oder Haustieren in der Nähe der Kamera sprechen. Hinzu kommt eine Erkennung von Baby-Geschrei, auch hier stellt sich der Hersteller vor, dass die Eltern nach einer Push-Benachrichtigung beruhigend über den in die Kamera eingebauten Lautsprecher auf das Kind einsprechen.

Da gibt es nur ein Problem: Seit einem Software-Update gibt es keine Push-Benachrichtigungen mehr. Zwar zeichnet die Kamera auf Wunsch immer noch bei Bewegungserkennung auf eine eingelegte, bis zu 32 GByte große microSD oder in die nach dem ersten Probemonat kostenpflichtige Cloud des Herstellers auf, eine gesonderte Benachrichtigung erhält der Besitzer der Kamera dazu aber in beiden Fällen nicht.

Reset-Knopf, Stromanschluss und Aufnahme für microSD.

Auch bei einer anderen vom Hersteller beworbenen Funktion, dem Motion Tracking, gibt es Licht und Schatten – wobei „Licht“ das Stichwort ist, leider im negativen Sinn. Eigentlich soll die Kamera bei Bewegung, etwa durch eine Person, mit dieser mitschwenken, bevor die aus dem Blickfeld verschwinden kann. Das klappte im Test grundsätzlich sehr gut – zu gut. Denn auch Lichtveränderungen erkennt die Kamera als Bewegung und schaut dann auch mal gerne plötzlich weg. Mit einer Taschenlampe und deren Lichtkegel ließ sich dieses Verhalten problemlos replizieren. Auch bei Richtungswechseln ist die Kamera überfordert: Geht eine Person nach links bis die Kamera nachzieht und wechselt dann in entgegengesetzte Richtung, verliert sie die Kamera im Großteil aller versuche – Zuverlässigkeit geht anders. Die motorische Bewegungsverfolgung scheint außerdem nur horizontal, nicht aber vertikal zu funktionieren.

Als Sicherheitskamera kann die YI Dome Camera 1080p natürlich nur dienen, wenn Aufnahmen in der Cloud und nicht ausschließlich auf der internen Speicherkarte landen. Denn entdeckt der Dieb das Aufzeichnungsgerät und nimmt es einfach mit, sind auch die Beweise weg. Als Lösung bietet Hersteller YI Technology seine Cloud an, in die Videos direkt hochgeladen werden. Je nach Anzahl der Kameras oder Aufzeichnungsdauer kommen Kosten von knapp 3,50 Euro pro Monat bis fast 180 Euro pro Jahr auf den Nutzer zu.

Cloud-Kosten
Euro Zeitraum Anzahl Cams Speicherdauer Art
172,49 Jahr Bis 5 30 Tage Bewegung
16,49 Monat Bis 5 30 Tage Bewegung
10,49 Monat Bis 5 15 Tage Bewegung
8,24 Monat 1 7 Tage Dauer
3,37 Monat 1 7 Tage Bewegung

Das bringt natürlich als Beweis zur Aufklärung einer Straftat nur etwas, wenn auch die Bildqualität stimmt. Trotz des niedrigen Preises ist das mehr oder weniger der Fall. Das Bild ist dank der Auflösung von 1920 × 1080 Pixel grundsätzlich ausreichend scharf und zudem kontrastreich, Farben werden ordentlich abgebildet. Probleme gibt es bei Bewegung, nach Schwenks braucht die Kamera einen Augenblick, um deutlich sichtbare Artefakte zu beruhigen. Mit starken Hell-Dunkel-Unterschieden kommt sie mangels HDR auch eher schlecht zurecht. In Relation zum Preis ist das Bild bei ausreichendem Licht aber sehr gut. Im Nachtsichtmodus geht die Qualität naturgemäß weiter zurück, auf mehrere Meter Distanz kann man aber immer noch alles ausreichend gut erkennen, sofern sich Kamera oder Objekt nicht bewegen. Personen sind hingegen nachts im IR-Modus kaum noch zu identifizieren.

Bildqualität generell gut, Bewegung ist aber ein großes Problem besonders nachts.

Abgesehen von der aus der App entfernten Benachrichtigungsfunktion ist die mangelnde Vielseitigkeit in Bezug auf Einbindungsmöglichkeiten in ein smartes Zuhause das größte Problem der YI Dome Camera 1080p. Über Sprachassistenten wie Alexa oder den Assistant von Google lässt sie sich nicht ansteuern, dabei wäre das sehr hilfreich gewesen, um die Kameras bei Anwesenheit per Sprachkommando abzuschalten. Dafür gibt es einen speziellen Modus, bei dem sich die Linse ganz nach oben unter einen Schutzbügel schieben – der Nutzer kann dann sicher sein, dass zumindest kein Video von ihm aufgenommen wird. Noch besser wäre natürlich eine Geofencing-Funktion wie bei der Arlo Pro 2 von Netgear (Testbericht), die fehlt der YI-Kamera aber. Stattdessen gibt es anpassbare Zeitpläne, allerdings ist das sehr unflexibel.

Leider ist auch eine manuelle Einbindung als IP-Kamera an ein eigenes NAS-System oder ähnliches nicht möglich. Sollte der Hersteller irgendwann seinen Cloud-Dienst und/oder die App einstellen, wird die YI-Kamera zum nutzlosen Elektroschrott. Smart ist das nicht gerade.

Immerhin ist die Einrichtung einfach. Dafür wird die Kamera mittels des beiliegenden Ladegerätes samt Mikro-USB-Kabel an Strom angeschlossen, die App für Android und iOS heruntergeladen und den anschließend dort sichtbaren Anweisungen sowie der englischen Sprachausgabe der Kamera gefolgt – fertig. Voraussetzung ist eine 230-Volt-Stromversorgung in der Nähe sowie ein WLAN-Netz im 2,4-GHz-Netz.

Die YI-Home-App ist einfach und übersichtlich aufgebaut. Auf der Startseite erhält der Nutzer Zugriff auf seine Kameras, Cloud-Aufzeichnungen und sein Nutzerprofil. In letzterem darf sogar noch ein Alarm-Ton eingestellt werden – für eine Funktion wohlgemerkt, die nicht mehr existiert. Die Kamera erlaubt eine zeitlich unbegrenzte Live-Sicht, in der sie motorisch gedreht werden darf. Außerdem sind hier Zwei-Wege-Kommunikation, manuelle Aufnahme von Video und Foto sowie die „Einblendung in anderer App“ möglich. Gemeint ist damit die Einblendung eines Videofensters außerhalb der App, sodass nebenher das Smartphone anderweitig weiterverwendet werden kann.

In den Einstellungen der einzelnen Kameras können Nutzer diese ausgeschaltet, für andere freigeben, die Erkennungsrate in drei Stufen regeln, einen PIN-Schutz für die Speicherkarte einrichten und einen Netzwerk-Test durchführen. Die LED, die Aktivität der Kamera anzeigt, dürfen Nutzer hier ebenfalls deaktivieren, die IR-Nachtsicht aktivieren und eine zeitlich und auch in der Ausrichtung anpassbare Schwenkrichtung definieren. Bookmarks helfen dabei, bestimmte zuvor festgelegte Kameraausrichtungen mit einem Klick wiederzufinden.

Yi Technology Yi 1080p Dome weiß

Yi Technology Yi 1080p Dome schwarz

Eine Sicherheitskamera muss nicht nur eine gute Bildqualität, sondern auch Grundfunktionen wie eine Alarmierung bei Bewegungserkennung mitbringen. Genau die hat der Hersteller aber inzwischen deaktiviert, sodass Nutzer entsprechend aufgenommene Videos bestenfalls zu Gesicht bekommen, wenn sie zufällig mal in die App schauen. Zudem lässt sich die Kamera zu leicht ablenken, wodurch die an sich hilfreiche Motion-Tracking-Funktion zur Achilles-Ferse wird. Die Kosten für die Cloud sind für 5 Kameras gerade noch akzeptabel, dass sich die Dome Camera allerdings auf keine andere Weise als über die App verwenden lässt, disqualifiziert sie als Sicherheitskamera. Wer nur gelegentlich mal in Abwesenheit einen Blick auf seine Haustiere werfen will, darf hingegen nicht nur wegen des niedrigen Preises zugreifen. Für alle anderen lohnt sich ein tieferer Griff in die Tasche und zu Modellen wie der Arlo Pro 2 (Testbericht) oder die Somfy One+ (Testbericht).

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