Spionageverdacht in Brüssel: Büroräume von AfD-Politiker Krah durchsucht

Die Bundesanwaltschaft lässt seit Dienstagmorgen die Büroräume des AfD-Abgeordneten Maximilian Krah und seines unter Spionageverdacht stehenden Mitarbeiters Jian G. im Europäischen Parlament in Brüssel durchsuchen. Wie der Generalbundesanwalt weiter mitteilte, erfolgte die Durchsuchung aufgrund von Beschlüssen eines Ermittlungsrichters des Bundesgerichtshofs und einer Europäischen Ermittlungsanordnung, das Europäische Parlament habe dem Betreten der Büroräume zugestimmt. Die Durchsuchung von Krahs Büro sei eine Maßnahme bei Zeugen im Rahmen der deutschen Strafprozessordnung. 

Nach F.A.Z.-Informationen begann die Durchsuchung um 8.30 Uhr und dauerte drei Stunden später noch an. Auf dem Gang vor Krahs Büro im 5. Stock des Altiero-Spinelli-Gebäudes standen gegen 11 Uhr rund ein Dutzend Personen, darunter Ermittler, Vertreter des Sicherheitsdienstes des Parlaments, ein Mitglied des Kabinetts von Parlamentspräsidentin Roberta Metsola und Vertreter der Rechtsaußenfraktion Identität und Demokratie (ID), der die AfD seit 2019 angehört.  

Überlicherweise Aufhebung von Immunität nötig

Ein Zeuge berichtete der F.A.Z. von einer erregten Debatte darüber, ob die Durchsuchung rechtmäßig sei. Offenbar wurde dies von der ID bestritten. Bisher war es im Parlament üblich, dass Büros von Abgeordneten nur nach Aufhebung von deren Immunität durchsucht werden konnten. Dies ist jedoch ein langwieriges Verfahren, über das der Rechtsausschuss beraten muss. Die Tür zu Krahs Büro stand offen; der Zeuge beobachtete nicht, dass Material herausgetragen wurde.   

Jian G. war am 23. April von der Bundesanwaltschaft unter dem Verdacht der geheimdienstlichen Agententätigkeit für China in einem besonders schweren Fall in Dresden festgenommen worden; gegen ihn wurde Untersuchungshaft angeordnet. G. soll im Januar vertrauliche Informationen über Beratungen und Entscheidungen des Europäischen Parlaments an einen chinesischen Dienst weitergegeben und außerdem chinesische Oppositionelle ausspioniert haben. Wie der Bundesanwalt am Dienstag mitteilte, wurden nicht nur zwei Wohnungen des Mannes in Dresden durchsucht, sondern auch eine Wohnung in Brüssel. 

Jian G. ist 43 Jahre alt. Er wurde in China geboren, studierte in Dresden und nahm später die deutsche Staatsangehörigkeit an. Er wurde nach seiner Festnahme von Krah als Mitarbeiter entlassen. Krah ist der Spitzenkandidat der AfD bei der kommenden Europawahl. 

AfD ringt um Umgang mit Vorwürfen gegen Krah

Krah selbst kommentierte die Razzia am Dienstagmorgen auf X abwiegelnd. Die Durchsuchung sei zu erwarten gewesen, nachdem sein Ex-Mitarbeiter festgenommen worden sei. Er finde den Vorgang „keineswegs überraschend“. Bemerkenswert sei höchstens, dass er nicht früher erfolgt sei. „Weder ich noch andere Mitarbeiter sind betroffen“, so Krah.

Seine Partei ringt aber weiter um den Umgang mit der Spionageaffäre. Nachdem die AfD-Vorsitzenden Tino Chrupalla und Alice Weidel den Europawahlkampf demonstrativ ohne Krah eröffnet hatten, trat Chrupalla vor einigen Tagen in Dresden auf einer Wahlkampfveranstaltung auf, an der auch Krah teilnahm. Mitglieder der Jungen Alternative demonstrierten mit einer Solidaritätsaktion, dass sie Krah unterstützen. Sie hielten Schilder hoch, auf denen etwa „Volle Krahft voraus“, „Unser Krahnzler“ – unter einem Foto von Krah – und „Der Krah siegt“ stand.

Auch im Vorfeld der AfD, etwa bei den Identitären, wird Krah weiter als Wunschkandidat gesehen. Zugleich steht die Parteiführung wegen Krah unter Druck. Sie fürchtet, dass Wähler abgeschreckt werden könnten. Zudem belastet die Spionageaffäre das Verhältnis zu Marine Le Pen vom Rassemblement National. Die war zuletzt auf Abstand zur AfD gegangen – einerseits wegen deren Vorstellungen von „Remigration“, die ihr zu weit gehen, andererseits wegen Krah. Das könnte für die AfD in der EU-Fraktion „Identität und Demokratie“ zum Problem werden.

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